
Von Bernhard Grdseloff
„Von meiner Großmutter habe ich mit 15 Jahren ein Kleid geerbt, über 100 Jahre alt, noch aus der Zeit der Sklaverei", erzählt Dièz. „Ich zog es an und war begeistert, wie es meine Art, mich zu bewegen, zu gehen, vorteilhaft zur Geltung brachte." Für diesen elegant-verführerischen Gang gibt es im kreolischen einen Ausdruck: Diézer. Den machte sich die Modemacherin zu ihrem Künstlernamen und zur Weltanschauung.
„Der Reiz des kreolischen Kleides kommt vom raffinierten Schnitt: vorne frei fallend und hinten tailliert, mit einer Falte von der Hüfte abwärts", erklärt die gelernte Sekretärin, die nie eine Ausbildung als Schneiderin genoss. „Eine Besonderheit sind die zwei Gürtel, von denen es gehalten wird: Einer, der innen, hinter dem Stoff, um den Bauch gebunden wird und ein zweiter außen von der Mitte zum Rücken." Der Effekt: Das Kleid passt sich der Trägerin an, egal ob sie zunimmt, abnimmt oder gar schwanger ist.
Bei ihren Modellen orientiert sich Dièz an diesem Grundprinzip, läßt ihrer Phantasie aber freien Lauf. In Anlehnung an die Sklavenzeit experimentiert sie gerne mit einfachen, billigen Materialien. So entstehen etwa aus Hanfsäcken aufwendige Variationen der „Coiffe", der gebundenen kreolischen Kopfbedeckung.
In Doudous kleinem Atelier in Baillif geht Guadeloupes Prominenz ein und aus. So auch die Präsidentin des Regionalen Parlaments der Insel. Sie bestellte ein Kostüm für ihren Antrittsbesuch im Elysee-Palast. Diéz machte ihr eines: aus gestreiftem Matratzenüberzug.
Das Geheimnis der schönen Kreolin
Nur knapp verfehlte Miss Guadeloupe Sandra Bisson den Titel Miss Frankreich 2002. Doch auch als erste Kronprinzessin - so der Titel der zweitplazierten - verkörpert die 20-jährige kreolische Schönheit in Perfektion: Reizvolle Exotik gepaart mit französischer Eleganz und europäischer Perfektion. Ein Abbild der Inseln: Nirgends sonst sind die paradiesischen Zutaten der Karibik so fein angerichtet wie auf Martinique und Guadeloupe. Doch das ist nicht alles:“ Ein Teil des Geheimnisses ist unsere raffinierte, traditionelle Kleidung und der besondere Schmuck“, verrät Modeschöpferin Doudou Dièz. „Genau so wichtig ist aber unsere Art, uns zu bewegen, die wir ‚Diézer‘ nennen“.